Kinder- und Jugendmedizin: Besondere Erwägungen

Last update: 10 September 2015

image_pdfSave as PDFimage_printPrint this page

Einleitung

Bei der Entwicklung von Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche sind besondere Maßnahmen und Erwägungen notwendig, um Kinder vor jeglichen unangemessenen Risiken im Laufe des Arzneimittelentwicklungsprozesses zu schützen. Der folgende Artikel befasst sich mit einigen dieser besonderen Erwägungen, insbesondere im Hinblick auf die Formulierung von Arzneimitteln für Kinder und die Optimierung des Designs pädiatrischer klinischer Prüfungen. Die ethischen Konsequenzen pädiatrischer Studien werden im Folgenden ebenfalls diskutiert.

Zu berücksichtigende Fragen

Der Sponsor sollte sich zu einem frühen Zeitpunkt der Entwicklung eine Reihe von Fragen stellen, um zu beurteilen, ob die Entwicklung eines bestimmten Arzneimittels in der Bevölkerungsgruppe der Kinder und Jugendlichen geeignet ist.

  • Besteht eine schwere oder lebensbedrohliche Erkrankung, für die das Arzneimittel einen potenziell wichtigen Fortschritt in der Therapie darstellt?
  • Ist die Entwicklung in der Bevölkerungsgruppe der Kinder und Jugendlichen relevant? Das heißt, existieren die beabsichtigten Indikationen (Erkrankungen, auf deren Behandlung der Arzneimittelkandidat abzielt) bei Kindern?
  • Wie wahrscheinlich ist die Anwendung in verschiedenen Altersgruppen von Patienten (pädiatrische Untergruppen gemäß ICH) und wie oft oder in welcher Weise tritt die Erkrankung bei Kindern auf?
  • Wie schwerwiegend ist die Erkrankung?
  • Besteht ein unerfüllter medizinischer Bedarf bei Kindern? Was ist der signifikante therapeutische Nutzen? (unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit und Eignung alternativer Behandlung)
  • Bestehen Indikationen speziell für Kinder und Jugendliche für das Arzneimittel?
  • Ist das Arzneimittel neuartig oder enthält es einen bekannten Bestandteil (einen Wirkstoff, der bereits zuvor zur Behandlung von Erwachsenen angewendet wurde)?
  • Könnte der Wirkstoff ein Potenzial in anderen therapeutischen Bereichen besitzen?
  • Bestehen einzigartige Sicherheitsbedenken? Wie ist das bekannte Sicherheitsprofil des Arzneimittels (einschließlich nicht klinischer Befunde)?
  • Besteht ein potenzieller Bedarf für die Entwicklung altersspezifischer Formulierungen für Kinder und Jugendliche? Wäre es möglich, sie zu entwickeln (unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit der entsprechenden Inhaltsstoffe)?
  • Ist es möglich, klinische Prüfungen in einer Bevölkerungsgruppe von Kindern und Jugendlichen durchzuführen?

Die Formulierung von Arzneimitteln für Kinder

Klinische Prüfungen sind nur ein Teil dessen, was tatsächlich benötigt wird. Altersspezifische Formulierungen sind ebenfalls grundlegend, um folgende Probleme zu lösen:

  • die Schwierigkeiten in Bezug auf das Schlucken von Tabletten, wenn kein Sirup erhältlich ist;
  • schwerwiegende Rechenfehler bei der Verwendung von Formulierungen für Erwachsene, um die Dosierung für Kinder und Jugendliche zu bestimmen; oder
  • die Anwendung oder Menge von Hilfsstoffen (arzneilich unwirksame Bestandteile), die bei Kindern unangemessen sein würden

Darüber hinaus müssen alternative Verabreichungsformen berücksichtigt werden, wie etwa:

  • Geschmäcker und Farben
  • Flüssigkeiten, Suspensionen und Kautabletten
  • Eine Geschmacksmaskierung kann erforderlich sein
  • Kann sich je nach Altersgruppe unterscheiden
  • Einheitsgrößen sind nicht für alle geeignet

European Paediatric Formulation Initiative (EuPFI)

Die European Paediatric Formulation Initiative (EuPFI)1 wurde 2007 von einer Gruppe gegründet, die die Pharmaindustrie, Krankenhäuser und Wissenschaftler vertritt. Es handelt sich hierbei um Interessengruppen, die an der Forschung im Bereich der Kinderarzneimittel interessiert sind, um bessere Arzneimittel für Kinder zu schaffen.

Das Hauptziel von EuPFI war es, wissenschaftliche, regulatorische und technologische Probleme im Zusammenhang mit der Entwicklung von Formulierungen für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche anhand folgender Schritte zu lösen:

  • Identifizierung der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Formulierungen von Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche
  • Aufklärung und Verbesserung von Arzneimitteln und deren Darreichungsformen bei Kindern
  • Identifizierung potenzieller Wissenslücken in Bezug auf die Entwicklung von Formulierungen für Kinder und Jugendliche
  • Förderung einer frühzeitigen Erwägung der Entwicklung von Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche
  • Verbesserung der Verfügbarkeit von Informationen über Formulierungen von Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche

Optimierung des Designs pädiatrischer klinischer Prüfungen

Im März 2012 traf sich der beratende Ausschuss für pharmazeutische Wissenschaften und klinische Pharmakologie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration), um zu diskutieren, wie das Design pädiatrischer klinischer Prüfungen und das Dosieren bei Kindern und Jugendlichen verbessert werden können. Dieser Ausschuss empfahl Modellierung und Vorhersage, um vorauszusagen, was bei einer pädiatrischen klinischen Prüfung geschieht, wenn eine bestimmte Dosis eines Arzneimittels verabreicht wird.

Bei diesem Treffen kam die Mehrheit des Ausschusses (12 von 13 Ärzten) zudem überein, dass Dosen für die Bevölkerungsgruppe der Jugendlichen (>12 Jahre) von den Daten für Erwachsene ohne spezifischen Bedarf für eine speziell dafür vorgesehene pharmakokinetische Studie abgeleitet werden können; allerdings empfahlen einige Mitglieder des Ausschusses, dass dieser Ansatz auf einer wirkstoffspezifischen Grundlage erwägt werden sollte. Weitere Informationen sind auf der Website der FDA verfügbar.2

Ethische Aspekte in pädiatrischen Studien

Kinder sind eine verletzliche Bevölkerungsgruppe und erfordern spezielle Maßnahmen, um sie vor unangemessenen Risiken zu schützen. Die Zusammenarbeit mit Ethikkommittees, die mit der Bevölkerungsgruppe der Kinder und Jugendlichen vertraut sind, ist wichtig, um Folgendes zu garantieren:

  • Die Rekrutierung beinhaltet keine unangemessenen Anreize.
  • Das Einverständnis wird in Form einer von den Eltern oder gesetzlichen Vertretern unterschrieben Einverständniserklärung gegeben. Ältere Kinder müssen eventuell ebenfalls eine Einverständniserklärung unterschreiben oder ihre Zustimmung geben.
  • Die Teilnehmer werden in vollem Umfang in einer Sprache informiert, die sie verstehen können.
  • Die Studien minimieren das Risiko.
  • Die Studien minimieren Belastungen – das Studienpersonal sollte mit Kindern umgehen können.
  • Der Prüfplan ist spezifisch auf die Bevölkerungsgruppe ausgelegt.

Quellenangaben

  • Rose, K., & Van den Anker, J. (Hrsg.). (2007). Guide to paediatric clinical research. Basel: Karger.
  • Rose, K., & Van den Anker, J. (Hrsg.). (2010). Guide to paediatric drug development and clinical research. Basel: Karger.

Quellenangaben

  1. More information on EuPFI is available from their website: http://www.eupfi.org/ (Retrieved 24 August, 2015).
  2. Food and Drug Administration (2012). Summary minutes of the advisory committee for pharmaceutical science and clinical pharmacology March 14, 2012. Retrieved 11 July, 2021 from https://web.archive.org/web/20161023224355/http://www.fda.gov/downloads/AdvisoryCommittees/CommitteesMeetingMaterials/Drugs/AdvisoryCommitteeforPharmaceuticalScienceandClinicalPharmacology/UCM306989.pdf

A2-1.18.2-v1.2

Zurück nach oben

Toolbox durchsuchen