Festlegung der Dosis für die „erste Anwendung am Menschen“

Last update: 7 August 2015

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Einleitung

Der Übergang von präklinischen Untersuchungen zu klinischen Studien beim Menschen ist ein wichtiger Schritt in der Arzneimittelentwicklung. Bevor dieser Schritt unternommen wird, müssen vorherige Daten berücksichtigt und umsichtige Entscheidungen getroffen werden – nicht zuletzt in Bezug auf die Dosis für die erste Anwendung am Patienten.

Bei vielen innovativen Arzneimitteln ist eine Schätzung einer sicheren Anfangsdosis ausreichend. Allerdings kann eine solche Schätzung bei einigen Wirkstoffkandidaten schwere Nebenwirkungen nicht hinreichend vorhersagen. Risikofaktoren und Maßnahmen zu deren Minimierung müssen beurteilt und diskutiert werden, bevor eine klinische Studie zur ersten Anwendung am Menschen begonnen wird; diese Risikofaktoren sollten für jedes einzelne Arzneimittel berücksichtigt werden.

Risikofaktoren

Risikofaktoren können sich auf die Wirkweise des Arzneimittels beziehen. Daher ist es wichtig, Folgendes zu beurteilen:

  • vorherige Exposition des Menschen gegenüber verwandten Stoffen,
  • die Struktur des Arzneimittels und
  • Evidenz aus den Tiermodellen zu potenzieller Toxizität.

Andere Erwägungen zu Risiken umfassen:

  • den Charakter des Ziels,
  • die Intensität und
  • die Dosis-Wirkungsbeziehung.

Es gibt einige Risikofaktoren, die besondere Aufmerksamkeit erfordern. Zum Beispiel:

  • Stoffwechselwege,
  • genetische Unterschiede zwischen den entsprechenden Tierarten und dem Menschen.

Erwägungen zur Festlegung der Dosis für die erste Anwendung am Menschen

Die klinische Anfangsdosis hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Pharmakodynamik, spezieller Aspekte des Wirkstoffkandidaten und des vorgeschlagenen Designs der klinischen Studien. Nachstehend weitere wichtige Faktoren, die es bei der Festlegung der Dosis für die erste Anwendung am Menschen zu berücksichtigen gilt:

  • Alle relevanten präklinischen Daten – hierzu zählen:
    • Erkenntnisse aus pharmakologischen Dosis-Wirkungs-Studien,
    • pharmakologisches/toxikologisches Profil und
    • Erkenntnisse aus pharmakokinetischen Studien.
  • Der NOAEL-Wert (No Observed Adverse Effect Level)
    • Der Expositionsgrad eines Organismus‘, bei dem sich keine signifikante Zunahme der Häufigkeit oder des Schweregrads unerwünschter Ereignisse welcher Art auch immer einstellen. Dies sind die wichtigsten Informationen, die es zu berücksichtigen gilt.

Ansätze zur Festlegung der Dosis

Es gibt zwei klassische Ansätze zur Schätzung der Dosis für die erste Anwendung am Menschen in klinischen Phase-I-Studien:

  1. Auf Grundlage des ermittelten NOAEL-Wertes in Toxizitätsstudien und unter Berücksichtigung des individuellen Wachstums kann die Dosis für die erste Anwendung am Menschen mithilfe der Anwendung des entsprechenden Sicherheitsfaktors bestimmt werden.
  2. Bei vielen auf biotechnischem Wege erzeugten Arzneimitteln sowie bei Identifizierung von Risikofaktoren erfolgt die Festlegung der Dosis für die erste Anwendung am Menschen unter Verwendung des MABEL-Standardwerts (Minimal-Anticipated-Biological-Effect-Level, d. h. kleinstmögliche Konzentration, bei der ein messbarer Effekt gerade noch zu erwarten ist) sowie der Anwendung des entsprechenden Sicherheitsfaktors. Um den MABEL-Wert zu schätzen, müssen alle relevanten präklinischen Daten berücksichtigt werden.

Der Sicherheitsfaktor wird unter Berücksichtigung der Risikokriterien festgelegt, wie etwa die Neuartigkeit des Wirkstoffs, seine biologische Potenz, seine Wirkweise, der Grad an Artspezifität und das Dosisansprechen.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) erließ 2007 eine Richtlinie, die Strategien zur Identifizierung und Minimierung von Risiken in Studien zur ersten Anwendung am Menschen zu Prüfpräparaten mit hohem Risiko umfasst.1

Festlegung der Dosis in exploratorischen klinischen Studien

Ein frühzeitiger Zugriff auf beim Menschen gewonnene Daten kann die Erkenntnisse zur Physiologie/Pharmakologie beim Menschen, das Wissen über die Merkmale des Wirkstoffkandidaten und die therapeutische Zielrelevanz für die Krankheit verbessern. Das Konzept der „exploratorischen klinischen Studien“ (Phase 0) wurde entwickelt, um diesen Bedarf zu decken. Exploratorische Studien umfassen andere Ansätze als traditionelle klinische Studien: diese Studien werden vor oder früh zu Beginn der Phase I durchgeführt, beinhalten eine begrenzte Exposition beim Menschen, haben keinen therapeutischen Zweck und dienen nicht der Untersuchung der klinischen Verträglichkeit.

Von daher können exploratorische klinische Studien mit anderer, präklinischer Unterstützung begonnen werden; in diesen Fällen können sich die Faktoren, die im Zuge der Schätzung der klinischen Anfangsdosis (und Höchstdosis) berücksichtigt werden, unterscheiden.

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