Klinische Studien an kleinen Populationen

Last update: 15 Juli 2015

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Werden klinische Studien für kleine Populationen aufgesetzt, muss ein Ausgleich zwischen dem Notwendigen und dem Möglichen getroffen werden, um die Forscher dabei zu unterstützen, die Wirkungen neuer Arzneimittel unter besonderen Umständen zu verstehen. Das Dilemma besteht darin, eine ausreichende Anzahl von Patienten zu rekrutieren, wenn nur eine beschränkte Gesamtzahl von Patienten von dieser Erkrankung betroffen ist. Solche Studien durchzuführen ist mit einer Anzahl organisatorischer Herausforderungen verbunden.

Beachten Sie bitte, dass zwischen „kleinen“ und „speziellen“ Populationen ein Unterschied besteht, auch wenn diese Begriffe einander überlappen. Eine allgemeingültige Definition für „kleine Populationen“ gibt es nicht.1 Dieser Begriff kann beispielsweise Folgendes bezeichnen:

  • Gruppen, die von einer seltenen Erkrankung betroffen sind, einschließlich spezifischer Subtypen häufiger Erkrankungen, beispielsweise seltene Krebsarten
  • Kinder (pädiatrische Patienten)
  • ältere Menschen (geriatrische Patienten)

Für bestimmte Subgruppen der Allgemeinbevölkerung müssen möglicherweise spezielle Studien durchgeführt werden. Diese Gruppen werden als „spezielle“ Population bezeichnet; hierunter fallen beispielsweise Patienten mit eingeschränkter Ausscheidungsleistung, ältere Menschen, Schwangere und Stillende, Kinder und ethnische Subgruppen. Hierfür gibt es die folgenden möglichen Gründe:

  • Risiko oder Nutzen sind bei bestimmten Populationen spezieller Natur und erfordern besondere Aufmerksamkeit;
  • Einer bestimmten Bevölkerungsgruppe angehörige Probanden benötigen eine andere Dosierung oder ein anderes Behandlungsschema als die Allgemeinbevölkerung

Steht keine etablierte Referenztherapie (Goldstandard) zur Verfügung, wird zum Vergleich ein Placebo eingesetzt; es gilt jedoch ethische Aspekte hinsichtlich der Zumutbarkeit für den Patienten abzuwägen. Ist die Verwendung eines Placebos ethisch nicht zu rechtfertigen, sollte eine reine Beobachtungsstudie oder eine nicht kontrollierte Studie ohne Vergleichsgruppe durchgeführt werden, um die Wirkung der neuen Behandlung in der Patientenpopulation zu verstehen (Non-Standard).

Können nur in eingeschränktem Ausmaß Daten an Patienten generiert werden, ist gründlich zu überlegen, welche Daten im Tiermodell gewonnen werden können und welchen prädiktiven Wert diese für die Wirksamkeit und Sicherheit beim Menschen haben.

Beim Erfassen von Daten müssen die folgenden Faktoren berücksichtigt werden:

  • Maximierung der Erfassung wichtiger Informationen
  • Minimierung der Belastung durch die Teilnahme an der Studie
  • Vermeidung von „Loss to follow-up“ (Ausscheiden von Studienteilnehmern vor Abschluss der Verlaufskontrolle)

Die Entwicklungsstrategie für Behandlungsformen für kleine Populationen sollte vorab mit den Zulassungsbehörden im Rahmen einer wissenschaftlichen Beratung sowie Unterstützung bei der Erstellung des Prüfplans besprochen werden.

Typischerweise erfolgt die Beurteilung der Wirksamkeit auf Grundlage der folgenden Parameter:

  • Heilung
  • Überleben
  • Zeit bis zur Progression der Erkrankung
  • Progressionsfreies Überleben
  • Umkehr des Organversagens
  • Stabilisierung der Erkrankung

Bei kleinen Populationen sind diese klassischen Parameter möglicherweise nicht geeignet, da es eventuell nicht möglich sein wird, ausreichende Informationen oder Daten zu erfassen, um das erforderliche Konfidenzniveau für die Nachweise zu erreichen. Es muss eine Auswahl hinsichtlich der geeignetsten Methodik (Endpunkt) für die Messung der Wirkung getroffen werden. In manchen Fällen ist es möglicherweise nur möglich, Symptomlinderung, Lebensqualität oder Biomarker zu erfassen; es ist daher notwendig, eine Kombination von Maßen in Betracht zu ziehen, die in dieselbe Richtung deuten und „Sinn ergeben“.

Der Einsatz adaptiver Designs ist für kleine Populationen von größter Bedeutung. Er erlaubt es Forschern beispielsweise, schon während der Durchführung der Studie ein Blick auf die Ergebnisse zu werfen und beispielsweise einen der Behandlungsarme zu eliminieren, wenn in diesem absolut keine Wirkung zu erkennen ist. Eine weitere Option der adaptiven Design-Methodik besteht darin, die Phasen II und III der klinischen Entwicklung in einer Studie miteinander zu kombinieren und auf diese Weise die Gesamtzahl der für die Entwicklung der neuen Behandlung erforderlichen Patienten zu reduzieren.

Weitergehende Informationen

  • European Medicines Agency (2001). Note for guidance on clinical investigations of medicinal products in the paediatric population. London: European Medicines Agency. Retrieved 24 June, 2015 from: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Scientific_guideline/2009/09/WC500002926.pdf

Quellenangaben

  1. European Medicines Agency (2006). Guideline on clinical trials in small populations. London: European Medicines Agency. Retrived 24 June, 2015 from: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Scientific_guideline/2009/09/WC500003615.pdf

Anlagen

A2 4.18 V1.2

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