Herausforderungen an die personalisierte Medizin

Last update: 17 Juni 2015

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Die personalisierte Medizin wird die Entwicklung von maßgeschneiderten Arzneimitteln erfordern.

Damit die personalisierte Medizin Fortschritte machen kann, müssen neue Erkenntnisse aus der Molekularforschung und neue Technologien (z. B. die so genannten „-omik“-Technologien) in die Entwicklung von Arzneimitteln und Therapien einfließen.

Ein Vorteil der Entwicklung maßgeschneiderter Arzneimittel ist die Steigerung der Effizienz klinischer Studien. Sind Arzneimittel auf eine bekannte Ursache der Erkrankung zugeschnitten, sollten in allen Phasen des Entwicklungsprozesses weniger neue Arzneimittel versagen. Der Einsatz von Biomarkern wird für die personalisierte Medizin von zentraler Bedeutung sein. Bevor auf diese Weise entwickelte Arzneimittel für die Anwendung am Patienten zugelassen werden können, muss die Validierung von Biomarkern als für das Behandlungsergebnis eindeutige und prädiktive Parameter etabliert sein.

Therapiebegleitende Diagnostika

Oftmals werden neue Arzneimittel gemeinsam mit einem zugehörigen Diagnoseverfahren zugelassen, mit dem sichergestellt wird, dass das Arzneimittel für den zu behandelnden Patienten geeignet ist. Ist ein Diagnoseverfahren nicht ordnungsgemäß validiert, wirkt das Arzneimittel möglicherweise nicht oder ruft Nebenwirkungen hervor. Die sachgemäße Konzipierung und Validierung des Diagnoseverfahrens ist daher von entscheidender Bedeutung, damit das Arzneimittel bei dem Patienten optimal wirkt und ihm auf bestmögliche Weise hilft.

Therapiebegleitende Diagnostika sind obligatorische Untersuchungen für die Auswahl von Patienten vor der Verabreichung des Arzneimittels. Ihre Aufgaben sind:

  • Unterscheiden der Patienten, die mit ziemlicher Sicherheit auf das Arzneimittel ansprechen werden („Responder“), von denen, bei denen dies nicht der Fall ist („Non-Responder“)
  • Identifizieren der Patienten mit erhöhtem oder hohem Risiko für das Auftreten von Nebenwirkungen
  • Unterstützung des Arztes bei der Auswahl der geeigneten Dosis, die sowohl sicher als auch wirksam ist

Zu den therapiebegleitenden Diagnostika können Untersuchungen direkt am Patienten (z. B. EKG) oder bildgebende Verfahren (z. B. MRT) gehören. Üblicherweise erachten Zulassungsbehörden Untersuchungen, die an dem Patienten abgenommenen oder entnommenen Proben durchgeführt werden (z. B. DNA-Tests), als Verfahren mit der höchsten Beweiskraft.

Therapiebegleitende Diagnostika sollten eine „Zweckbestimmung“ oder „Indikation“ besitzen. (Für diese sind auch andere Begriffe im Gebrauch.) Die Zweckbestimmung sollte im Allgemeinen Angaben zu den folgenden Aspekten enthalten:

  • Die Zielpopulation, für die die Untersuchung vorgesehen ist, beispielsweise Personen eines bestimmten Genotyps („Erbbild“) oder Phänotyps („Erscheinungsbild“)
  • Der klinische Grund für die Durchführung der Untersuchung, z. B. Unterstützung der Diagnosefindung, Beurteilung der wahrscheinlichen Entwicklung der Krankheit (Prognose), Überwachung des Behandlungserfolgs usw.
  • Das zu messende, identifizierende oder nachzuweisende Objekt der Untersuchung (z. B. ein bestimmtes Gen oder Protein)
  • Die Art der im Rahmen der Untersuchung durchgeführten Messungen einschließlich der Angabe, ob es sich um eine qualitative (beobachtende und beschreibende), semi-quantitative oder quantitative (zu numerischen Ergebnissen führende) Messung handelt.
  • Die Art der Probe (z. B. Blut oder Liquor) und der Ort der Abnahme/Entnahme
  • Die vorgesehene Umgebung für die Anwendung des Diagnostikums (z. B. Labor oder Patientenbett) und die Art der für die Durchführung der Untersuchung erforderlichen Ausstattung
  • Der anzustrebende Zustand (eine bestimmte Erkrankung, ein bestimmter Erkrankungsstatus oder Gesundheitsstatus oder sonstiger identifizierbarer Zustand oder sonstiges identifizierbares Ereignis)

Herausforderungen

Wissenschaftler, die mit genetischen und genomischen Daten arbeiten, sehen sich mit besonderen ethischen Herausforderungen konfrontiert. Sie haben sicherzustellen, dass der Datenschutz gewahrt wird und Daten vertraulich bleiben; zudem haben sie dafür Sorge zu tragen, dass die Teilnehmer von Studien verstehen, wozu sie Ihre Einwilligung erteilen (Einwilligung nach Aufklärung).

Auch bei auf eine bestimmte Subpopulation von Patienten abgestimmten Arzneimitteln besteht weiterhin die Möglichkeit, dass Patienten, die von „derselben“ Erkrankung betroffen sind, jedoch einer anderen Untergruppe angehören, dasselbe Arzneimittel verordnet bekommen. Mögliche Folgen eines solchen Vorgehens sind:

  • Mangelndes Ansprechen auf die Behandlung
  • Verzögerte Aufnahme der Behandlung mit einem für den Patienten besser geeigneten Arzneimittel
  • Vergeudung des Arzneimittels selbst
  • Auftreten einer Nebenreaktion, die vermieden hätte werden können

Patientenerfahrung

Personalisierte Medizin kann dazu führen, dass bedeutend mehr Informationen über den Gesundheitszustand einer bestimmten Person bekannt werden, was Auswirkungen auf diesen Patienten und möglicherweise auch auf seine Lebensweise haben kann. Sind die Patienten dafür bereit? Und sind die Mitarbeiter des Gesundheitssektors hinreichend qualifiziert und bereit, ihren Patienten diese Zusammenhänge zu kommunizieren?

Bei Anwendung personalisierter Medizin sollte ein von einer bestimmten Erkrankung betroffener Patient vor Aufnahme der Behandlung über die folgenden beruhigenden Informationen verfügen:

  • Das verordnete Arzneimittel wird bei ihm mit ziemlicher Sicherheit gut wirken.
  • Das verordnete Arzneimittel wird mit ziemlicher Sicherheit keine Nebenwirkungen hervorrufen.

Sind Nebenwirkungen nicht zu vermeiden, kann der Patient mit dem Wissen um diesen Umstand und um den möglichen Ausprägungsgrad dieser Nebenwirkungen leichter entscheiden, ob er sich dieser Behandlung unterziehen möchte und wie er sie in seinen Alltag integriert.

Arzt-Patienten-Kommunikation

Im Allgemeinen existieren bei der personalisierten Medizin mehr oder unterschiedliche Informationen zu den verfügbaren Behandlungsoptionen, die von Arzt und Patient verstanden und besprochen werden müssen. Patienten, die damit Probleme haben, müssen von ihrem Arzt bestmöglich unterstützt werden.

Um personalisierte Medizin möglich zu machen, sind möglicherweise mehr Untersuchungen als bislang gewohnt erforderlich. Blutuntersuchungen werden im Allgemeinen als Routine angesehen, Biopsien (Entnahme von Gewebeproben) erfordern jedoch den Einsatz eines Anästhetikums und bedingen möglicherweise eine zeitaufwändigere Analyse. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Untersuchung müssen Patient und Arzt die Vor- und Nachteile abwägen.

Dient eine Untersuchung der Vorhersage, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Patient auf ein Arzneimittel anspricht, kann das Untersuchungsergebnis beispielsweise als Wahrscheinlichkeit (1 von 3) oder als Prozentsatz (33 %) formuliert werden. Da jeder Risiken anders interpretiert, muss der Arzt den Patienten bei der Abwägung von Chancen und Risiken unterstützen.

 Weitergehende Informationen

A2-1.08.4-V1.4

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