Interview mit Luís Mendão über HIV Aktivismus

Last update: 24 Juli 2023

Transkript

Ich heiße Luís Mendão. Ich bin Portugiese. Ich bin 58 Jahre alt, ich bin studierter Biochemiker, aber ich verwende diesen Titel nie. Ich war auch 15 Jahre lang Besitzer einer Bar und eines Nachtklubs. Ich beschäftigte mich in der Politik im nichtstaatlichen Sektor. Im Jahr 1984 war ich einer der Mitbegründer einer nichtstaatlichen Organisation für Drogenpolitik, SOMA, genannt. Das was mein erster Kontakt mit HIV/AIDS. Ich bin ein HIV und AIDS Patient. Nein ich war… [sic] einer dieser neuen Patienten die “nur” HIV haben. Ich war auch mit Hepatitis C infiziert, die ich heilen konnte, aber die Leber ist immer noch in sehr schlechtem Zustand. Damals hatte ich meinen ersten Kontakt mit HIV/AIDS, 1984 sahen wir in Portugal die ersten Anzeichen der HIV Epidemie unter Menschen, die sich Drogen injizierten. Damals wussten wir nichts über Hepatitis C.

Ich wurde mit AIDS Anfang 1996 diagnostiziert. Es war seltsam, weil ich alles über die Krankheit wusste, mich aber nicht als gefährdet betrachtete. Niemand riet mir mich testen zu lassen. Ich glaubte, dass ich sterben würde; das war meinerseits nicht überzogen, das war damals die Regel; wenn man AIDS hatte, dann war die Behandlung nicht sehr wirkungsvoll, und so machte ich meine Abrechnung. Weil es damals aber eine Revolution in der Behandlung gab, war das ein Grund, warum ich mich aktiv an Lobbyismus für Behandlung betätigte und an der Verbreitung des Wissens über die Behandlung arbeitete; ich habe die dreifach Behandlung erhalten, und alles ist gut verlaufen. Nicht gut aber vom Standpunkt der Nebenwirkungen, aber eine der Nebenwirkungen war, dass ich lebe, und das ist gut. Wenn Sie mich anschauen sehen die Spuren der Behandlung, die wir in den 90iger Jahren zur Verfügung hatten: Lipodystrophie und viele andere, recht schwere Nebenwirkungen oder unerwünschte Ereignisse.

Die schwulen Männer waren in einer Gesundheitskrise zuerst in den U.S.A. und in einigen europäischen Ländern; wenn sie mit der Krankheit diagnostiziert wurden, gab es für sie keine Behandlung, und sie starben sehr schnell. Wir hatten nichts. Die HIV Community mobilisierte sich, und dann kamen andere dazu. Aber am Anfang waren es hauptsächlich schwule Männer, die Forschung verlangten. Ich erinnere mich an ein Motto: „Wir brauchen gute Forschung. Wir brauchen nicht Hysterie.” Das war ein Motto, das viele von uns überzeugte, uns dieser Bewegung anzuschließen. Einerseits handelte es sich um Geldverteilung; anderseits, und darum alles, was über die HIV/AIDS Behandlung erforscht wurde, zu verfolgen. Es war uns klar, dass die Ärzte nichts wussten, weil es für sie eine neue Krankheit war, und wenn wir nicht genügend Ressourcen mobilisierten, würde es sehr schwierig sein, etwas zu erreichen.

Ein Unterschied, aber wir werden darüber wahrscheinlich später noch sprechen, war, meiner Meinung nach, der Dialog mit der Pharmaindustrie; Das war viel spannungsgeladener als heute, weil der Preis des ersten Medikaments, AZT, einer auf dem Markt erhältlichen Krebsmedikation, sehr hoch war. In 1992, 1993 hatten wir auch andere Medikamente der gleichen Klasse zur Verfügung, und wir verstanden schnell, dass, wegen der Struktur und der geringen Resistenz gegenüber dem HIV Virus, zwei Drogen besser wirkten als eine. Das bedeutete aber weitere Kosten. Schließlich 1995, 1996 in einer bahnbrechenden Innovation, erhielten wir eine weitere Klasse an Medikamenten und verwendeten drei Drogen gleichzeitig; wir mussten sogar die klinischen Studie umgestalten. Saquinavir wäre nicht genehmigt worden, wenn die Behandlungsaktivisten dieses Medikament nicht befürwortet hätten; sie forderten ein neues Studiendesign, in dem zwei Drogen mit drei Drogen verglichen wurden und nicht zwei Drogen mit einer neuen Drogenklasse. Meiner Meinung nach rettete die Dreierkombination vielen Menschen das Leben, und es geschah früher als vorauszusehen war.

Der Einsatz war groß, weil Menschen starben, und es eine Frage der Lebensrettung war. Wir wollten mit allem experimentieren, weil die Alternative der Tod war; wir waren auch bereit mit etwas zu experimentieren, das auch zum Tod führen konnte. In den 90iger Jahren waren die akzeptablen Risiken ganz andere als die akzeptablen Sicherheitsrisiken heutzutage. Heute ist alles institutioneller. Die Diskussionen sind vielfach höflicher, aber viele von uns haben immer noch unerfüllte medizinische Anliegen an die Forschung nicht nur für HIV sondern auch für die Co-morbiditäten und Co-infektionen, an denen Menschen mit HIV leiden; wir scheinen zum ‘ewigen Leben verurteilt zu sein’, wir werden immer älter. Wir müssen auch damit leben.

Ich glaube, dass unsere Bewegung von den Grundbedürfnissenangetrieben wurde. Wir mussten diese Dinge tun, wenn wir überleben wollten. Wenn wir eine bessere Lebensqualität haben wollten, konnten wir uns nicht auf die Regulierungsbehörden, die Mediziner, Forscher, die pharmazeutische Industrie, die Politiker, die über die Bereitstellung der Ressourcen verhandelten und die Ausrichtung des öffentlichen Gesundheitswesens, usw., verhandelten, verlassen; ich betrachte es immer noch als Privileg an einem so kritischen Zeitpunkt an dieser Bewegung, die unsere Community organisierte, teilgenommen zu haben.

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