Stratifizierte vs. personalisierte Medizin

Der Begriff personalisierte Medizin umfasst sowohl Stratifizierung als auch Personalisierung, die oftmals fälschlicherweise synonym genutzt werden. Tatsächlich handelt es sich jedoch wie nachstehend erläutert um zwei unterschiedliche Konzepte.

Stratifizierte Medizin

Stratifizierung bedeutet im gegebenen Zusammenhang die Festlegung von Subpopulationen (eine Gruppe oder ein Anteil von Patienten) auf Grundlage des bei der jeweiligen Person diagnostizierten „Subtyps“ der Erkrankung. So sind beispielsweise manche Mammakarzinome (Brustkrebs) „hormonrezeptorpositiv“, manche sind „HER-2-positiv“, und andere wiederum sind keins von beidem.

Die Hormone Östrogen und Progesteron können Brustkrebs begünstigen. Die meisten Brustkrebszellen besitzen eine große Zahl von Molekülen (Rezeptoren), die Östrogen binden und beim Vorliegen von Östrogen ein Wachstum der Zellen ermöglichen – diese Zellen werden als „ER-positiv“ bezeichnet. Viele dieser Zellen reagieren auch auf das Auftreten von Progesteron mit Wachstum und werden entsprechend als „PR-positiv“ bezeichnet.

ER- und/oder PR-positive Brustkrebszellen sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Arzneimittel an, die die Wirkung von Östrogen bzw. Progesteron hemmen. Bei etwa 60 von jeweils 100 Brustkrebspatienten zeigen diese Arzneimittel Wirkung. Ist der Tumor jedoch nicht ER- und/oder PR-positiv, ist dies nur bei etwa 5 bis 10 von jeweils 100 Brustkrebspatienten der Fall.

Manche Brustkrebszellen produzieren auch zu große Mengen eines als „HER2/neu“ bezeichneten Rezeptorproteins. Diese Zellen werden entsprechend als „HER-2-positiv“ bezeichnet. Derartige Karzinome neigen zu erhöhter Aggressivität. Das Arzneimittel Trastuzumab jedoch bindet an das HER2/neu-Protein. Dies verbessert das Gesamtüberleben von HER-2-positiven Patienten mit fortgeschrittenem Mammakarzinom.

Manche Mammakarzinome sind weder ER- noch PR- noch HER2-positiv. Diese Tumoren werden als „tripel-negativ“ bezeichnet, und zum jetzigen Stand stehen für diese keine maßgeschneiderten Therapien zur Verfügung, weshalb in diesen Fällen eher konventionelle Chemotherapien verordnet werden.

Personalisierte Medizin

Personalisierte Medizin basiert auf einem detaillierten Profil der betreffenden Person; dies schließt auch die Subpopulation ein, der die Person angehört. Personalisierte Medizin berücksichtigt zudem jedoch weitere Informationen wie den Lebensstil und die Lebensumstände (Exposition gegenüber UV-Licht, Ernährung, Rauchen, Stress). Ein Arzt, der ein personalisiertes Arzneimittel verordnet, kann auf zielgerichtete (stratifizierte) Behandlungsformen zurückgreifen, wird jedoch über die Subpopulation, der der Patient angehört, hinaus weitere Faktoren berücksichtigen. Dieser Ansatz sollte zu optimalen Behandlungsentscheidungen führen.

Die DNA-Sequenzierung stellt eine weitere Möglichkeit dar, das Profil einer Person um eine Vielfalt von Informationen zu ergänzen. Hierbei wird das gesamte Genom – und nicht nur Abweichungen in einem oder einigen wenigen Genen – einer Person analysiert. Zum jetzigen Zeitpunkt stellt die DNA-Sequenzierung noch keine klinische Standardtechnik dar, viele gehen jedoch davon aus, dass sich dies zukünftig ändern wird. Sollte dies der Fall sein, werden die DNA-Sequenzierung und andere damit in Zusammenhang stehende Technologien dazu beitragen, eine wahrlich personalisierte Medizin voranzubringen.

A2-1.08.3-V1.3