Interview mit Virginie Hivert

Last update: 25 Juli 2023

Transkript

Ich heiße Virginie Hivert, ich arbeite bei EURORDIS, der europäischen Organisation für Patienten mit seltenen Krankheiten. Ich bin Direktor der therapeutischen Entwicklung, und eine Patientenvertreterin. Ich habe Pharmazie studiert und als Apothekerin und auch in der Forschung gearbeitet.

Wir machen die Beteiligung der Patienten an bestehenden Verfahren einfacher, besonders mit den verschiedenen Interessengruppen wie der Europäischen Arzneimittelagentur [European Medicine Agency]. Wir befürworten auch die Schaffung neuer Möglichkeiten einer Patientenbeteiligung in den verschiedenen Abschnitten der Projektentwicklung. Wir sind der Meinung, dass Patienten am gesamten Lebenszyklus einer Projektentwicklung beteiligt sein sollen; ihre Beiträge sind sehr wichtig, besonders am Entwicklungsbeginn wenn ein Projekt, wie z. B. für seltene Krankheiten, geplant wird. Patienten sind der Schlüssel zur Identifizierung unbefriedigter Bedürfnisse, sie sind der Schlüssel zur Datensammlung von Studien aus dem Leben. Sie sind auch der Schlüssel bezüglich der Definition eines angemessenes Ergebnisses in der klinischen Forschung, welcher Endpunkt für die Entwicklung eines Produkts gewählt werden sollte. Sie müssen auch auf die Zusammenarbeit an diesen Prozessen mit den verschiedenen Interessengruppen vorbereitet werden.

WIE UNTERSTÜTZEN SIE MENSCHEN DASS SIE SICH ALS PATIENTENEXPERTEN BETÄTIGEN?

Wir haben mehrere kapazitätsbildende Programme, EURORDIS ist ein Teil von EUPATI. Wir haben auch die EURORDIS Sommerschule. Wir zielen darauf ab die Patienten über die Spielregeln, die verschiedenen Interessengruppen, in welchem Umfeld sie ihre Beiträge leisten müssen, zu informieren; denn je mehr man über das Umfeld weiß, desto besser ist die Wirkung. Es geht vor allem darum das Wissen über die R&D Prozesse zu haben, aber auch praktisches Training über den Sitzungsablauf, Zusammenarbeit, und wo Patienten den größten Einfluss haben können.

WELCHEN EINFLUSS KÖNNEN PATIENTENEXPERTEN AUF DIE R&D PROZESSE HABEN?

Von dem, was ich über die Patiententeilnahme an Protokollarbeiten in den EMA Kommissionen beobachtet habe, möchten die Regulierungsbehörden und Interessenvertreter immer hören, was die Patienten zu sagen haben; die Patienten haben eine einzigartige Perspektive, da sie ja mit einer seltenen Krankheit leben. Daher hören alle Interessengruppen auf sie.

WAS SIND EINIGE DER HERAUSFORDERUNGEN, DENEN PATIENTENEXPERTEN MÖGLICHERWEISE AUSGESETZT SIND?

Eine andere Herausforderung für Patienten ist, dass sie manchmal wählen müssen, weil es in der Forschung und Entwicklung sehr viele Interessengruppen gibt; es kann schwierig sein, wenn sie verschiedene Möglichkeiten haben, und sie dann entscheiden müssen, ob [sic] ein wirklicher oder empfundener Interessenskonflikt besteht; für Patienten kann das recht beunruhigend sein. Ich glaube, dass die Frage, die ich am öftesten höre, ist “Wie soll ich mich entscheiden? Eine Pharmafirma hat mich kontaktiert, ich meine es wäre interessant, aber wenn ich das tue, dann kann ich vielleicht nicht mehr an den Protokollarbeiten der EMA Kommissionen teilnehmen.”

WAS IST DAS BESONDERE AN DER BETEILIGUNG VON PATIENTENEXPERTEN IN R&D?

Was mich am meisten beeindruckt ist die Energie und die Fähigkeit der Patienten ihr Wissen mit dem Training, dass sie erhalten, zu vereinigen, und ihre Beiträge daher noch effektvoller zu gestalten. Ich glaube, dass das Training wirklich ein Türöffner für sie ist. Sie lernen eine neue Welt kennen, über die sie vorher nichts gewusst hatten. Es ist aber auch ein Austauschprozess, weil wir alle voneinander lernen, es ist also nicht eine Einbahnstrasse, sondern ein Lernprozess, der in zwei Richtungen verläuft. Das habe ich bisher aus meiner Erfahrung gelernt. Wir müssen uns auch ständig an die Änderungen im Regulierungsbereich anpassen, an neue Methoden und der Evolution von Wissenschaft und klinischer Forschung. Wir müssen auch das Training, wie wir Dinge organisieren, und wie wir Patientenbeteiligung erleichtern, anpassen.

Artikelinformationen

Kategorien:

Schlagwörter:
Zurück nach oben

Toolbox durchsuchen