Interview mit Nancy Hamilton

Last update: 24 Juli 2023

Transkript

Ich heiße Nancy Hamilton. Ich bin derzeit Trainingsmanager bei der Europäischen Organisation für Seltene Krankheiten (EURORDIS).

Ich organisiere die EURORDIS Sommerschule. Wir trainieren dort jedes Jahr 40 Patienten. Ich beteilige mich an der Patientenrekrutierung für dieses Trainingsprogramm, das eine Mischung aus Lernen mit persönlichem Kontakt und online Training ist. Ich bin am Antragsprozess, der Patientenauswahl, Programmentwicklung mit einem Kurskomitee beteiligt, und bringe diese Studenten einmal im Jahr nach Barcelona für die EURORDIS Sommerschule. Durch EUPATI bin ich auch an der Entwicklung der Trainingsprogramme für Studenten im EUPATI Programm beschäftigt. Ich bin Mitglied des Komitees für die Programmorganisation bei EUPATI.

Mein Background ist eigentlich in medizinischer Soziologie. Bevor ich bei EURORDIS arbeitete, habe ich mit medizinischen Organisationen gearbeitet und ihre kontinuierlichen professionellen Entwicklungsprogramme entwickelt. Erst seit ich bei EURORDIS in 2012 zu arbeiten begann beschäftige ich direkt mit Patienten. In der Vergangenheit, als ich mit medizinischen Organisationen arbeitete, hatte ich meist direkten Kontakt mit den Ärzten und nur indirekt Kontakt mit Patienten. Jetzt habe ich aber die Möglichkeit mit ihnen direkt zu sprechen und zu erfahren wie es ihnen geht.

WAS IST DAS BESONDERE AM EUPATI TRAININGSPROGRAMM?

Es ist wirklich erstaunlich. Ich habe noch nie so etwas gesehen. Es ist ein einjähriges, integriertes Programm und besteht aus 6 verschiedenen Trainingsmodulen. Ich glaube ca. 50 Studenten wurden aus 300 Anträgen ausgewählt, die oft selbst Patienten oder Patientenbefürworter sind und viel Erfahrung haben. Sie begannen dieses integrierte Programm letztes Jahr im Oktober und sie werden es heuer Anfang November beenden. Es ist ein sehr intensives Programm, das, wie ich sagte, in 6 verschiedenen Trainingsmodulen präsentiert wird. Die Studenten lernen über den gesamten Prozess der Arzneimittelentwicklung bis hin zu Pharmakovigilanz-Fragen, Gesundheitstechnologiebewertung, und welche Rolle sie spielen können, um das System zu verbessern.

Es war wirklich nett, dass Studenten, die wir im Vorjahr einschulten, zurückgekommen sind und heuer als Trainer arbeiten. Sie schulen die zweite Gruppe ein. Das ist ein Beispiel. Ein anderes Beispiel ist, dass wir haben sie schulen, wie sie sich direkt an all den verschiedenen Prozessen, einschließlich dem Regulierungsprozess beteiligen können. Einige kennen sich so gut in diesen Prozessen aus, dass, wenn sie z. B. bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur [European Medicines Agency] arbeiten, Mitarbeiter meinen, dass sie die Regulierungsbeamten sind. Sie konnten den Unterschied zwischen Patient und Regulierungsbeamten nicht feststellen. Das gibt Ihnen eine Idee, wie gut sie trainiert sind. Es freut mich das zu sehen. Es freut mich, wenn jemand zu mir kommt und sagt „So und so war dort, aber jeder glaubte, dass er ein Regulierungsbeamter war. Niemand wusste, dass er ein EUPATI Trainee war”. Es gibt einem ein gutes Gefühl ein Ziel erreicht zu haben.

Ein anderer großer Erfolg ist, wie die Studenten gelernt haben zusammenzuarbeiten. Einige, die sich in der Vergangenheit vielleicht recht isoliert fühlten, sind aber mit dieser Gruppe, mit der sie das Training absolvierten, in Kontakt geblieben. Sie arbeiten zusammen und versuchen Probleme gemeinsam zu lösen. Das ist ein sehr, sehr positives Ergebnis dieses Trainings.

WAS SIND EINIGE HERAUSFORDERUNGEN UND HINDERNISSE, DENEN PATIENTENEXPERTEN IN IHRER ARBEIT AUSGESETZT SIND?

Eine der größten Herausforderungen ist das Weitermachen. Eine Möglichkeit dieses Problem zu lösen ist Zusammenarbeit. Wenn man Trainees mit unterschiedlichem Background und verschiedenen Erfahrungen hat, und sie diese Erfahrungen austauschen und Probleme gemeinsam und nicht allein lösen, das allein löst eine Menge Probleme.

Sie bringen nicht nur ihre Erfahrungen als Patienten sondern auch ihre professionelle Erfahrung ins Spiel. Sie haben verschiedene Karrieren in ihrem Leben, z. B. in Kommunikation, Finanzwesen, und sie verstehen die verschiedenen Strukturen, wenn sie zusammenarbeiten. Ich glaube, wie ich gesagt habe, es ist sehr wichtig, dass sie sich nicht länger isoliert fühlen, wenn sie Probleme lösen sondern mit der Hilfe anderer rechnen können. Das macht einen großen Unterschied für sie.

WELCHE ÄNDERUNGEN WÜRDEN SIE GERN IN IHRER ZUKÜNFTIGEN ARBEIT ALS PATIENTENBEFÜRWORTER SEHEN?

Im Lauf des Trainings kam es vor, dass Patientenbefürworter und Patientenexperten wissen, was sie in vielen Situationen tun müssen. z. B. Meldung von negativen Nebenwirkungen. Aber der Durchschnittspatient, der auf sich selbst angewiesen ist, muss sich mit vielen Fragen und Problemen beschäftigen und hat nicht das Selbstvertrauen oder die Kenntnisse wie er diese Dinge lösen und weitermachen kann. Der Schlüssel ist, meiner Meinung nach, Wege zu finden, in der Zukunft mehr Patienten zu erreichen. Wenn die Studenten diese Fähigkeiten haben und das Wissen und das Selbstvertrauen, dass sie Dinge ändern können, macht das einen großen Unterschied … Ich glaube der Prozentsatz der Patienten, die diese Fähigkeiten, das Wissen und die Kompetenzen haben, ist immer noch sehr klein. Viel Arbeit muss in Zukunft noch geleistet werden, um dieses Wissen, das die Patientenbefürworter haben, weiter zu verbreiten, und den Menschen das Vertrauen zu geben weiterzumachen und zu sagen „Das ist nicht normal. Das muss geändert werden. Wir müssen Dinge anders erledigen. Meine Meinung wurde nicht berücksichtigt als die Entscheidung getroffen wurde”. Das sind alles Dinge, die in der Zukunft geändert werden müssen.

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