Informationen über Arzneimittel

Einleitung

Korrekte und aktuelle Informationen über Arzneimittel sind sowohl für Patienten als auch für das medizinische Fachpersonal wichtig.

Wenn beispielsweise ein kranker Mensch zum Arzt geht und sich ein Arzneimittel verschreiben lässt, hat er möglicherweise bestimmte Fragen dazu:

  • Kann ich dieses Arzneimittel zu einer Mahlzeit einnehmen?
  • Kann ich dieses Arzneimittel einnehmen, wenn ich schwanger bin?
  • Hat dieses Arzneimittel Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, die ich nehme?

Diese Fragen werden in der Packungsbeilage (PL) beantwortet, einem gefalteten Blatt Papier, das zusammen mit dem Arzneimittel in der Packung zu finden ist. Der Inhalt der PL ist in Rechtsvorschriften der Europäischen Union gesetzlich geregelt. Dort sind die Anforderungen an Informationen über Arzneimittel genau festgelegt. Richtlinie 2001/83/EG1 legt die Anforderungen an vier verschiedene Arten bereitzustellender Informationen fest:

  • Etikettierung der Verpackung (unmittelbares Behältnis und Umkarton)
  • Zusammenfassung der Produktmerkmale (SmPC), die für Mediziner bestimmt ist
  • Packungsbeilage (PL), die für den Patienten bestimmt ist
  • Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR)

Die Richtlinie gibt genaue Angaben dazu, wie diese Informationen auszusehen haben.

Etikettierung

Der Text für die Etikettierung eines Arzneimittels, sowohl auf der unmittelbaren Verpackung als auch auf der Umverpackung, ist auf ähnliche Weise vorgeschrieben wie die Packungsbeilage. Die Etikettierung enthält Informationen für den Patienten, aber auch für andere in der Versorgungskette, zum Beispiel den Arzt oder Apotheker. Für den Patienten sind Informationen zu besonderen Lagerbedingungen relevant, zum Beispiel, wenn das Arzneimittel im Kühlschrank oder vor Licht geschützt gelagert werden soll. Der Apotheker braucht genaue Angaben zum Namen und Wirkstoff des Produkts, zur Darreichungsform usw. Auch die Chargennummer ist wichtig, falls einmal eine Charge vom Hersteller zurückgerufen werden muss.

Es ist wichtig, dass die Etikettierung von allen Patienten gelesen werden kann. Alle benötigten Informationen müssen daher auf dem Umkarton gedruckt sein. Für Sehbehinderte müssen die Etikettierungsangaben außerdem noch in Blindenschrift aufgeprägt sein.

Die Etikettierungsvorschriften sind innerhalb der EU harmonisiert. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben jedoch die Wahl, ob zusätzlich noch folgende Angaben aufgenommen werden sollen:

  • Der Preis des Arzneimittels
  • Die Bedingungen für die Kostenerstattung
  • Angabe der Regelung, ob das Arzneimittel rezeptpflichtig ist oder nicht
  • Echtheitsmerkmale und Identifizierung des Arzneimittels – zum Beispiel einen Strichcode

Diese zusätzlichen Informationen stehen in einem bestimmten eingerahmten Bereich (so genannter blauer Kasten) auf dem Umkarton, damit sie klar unterscheidbar sind.

Packungsbeilage (PL)

Das pharmazeutische Unternehmen muss eine Packungsbeilage liefern, auf der alle Informationen aus der SmPC stehen, die für den Patienten notwendig und nützlich sind. Der Inhalt der PL und seine Reihenfolge sind genau vorgeschrieben. Die Leitidee bei der Erstellung der PL ist, dass der Patient nach dem Lesen verstanden hat, was für ein Arzneimittel er vor sich hat, wofür es verwendet wird und wie er es verwenden muss.

Eine Packungsbeilage für das Medikament X hat folgende Abschnitte:

  1. Was ist X und wofür wird es angewendet?
  2. Was sollten Sie vor der Einnahme (oder Anwendung) von X beachten? Beispiele sind Gegenanzeigen, Wechselwirkung mit Nahrungsmitteln oder anderen Arzneimitteln, Vorsichtsmaßnahmen
  3. Wie ist X einzunehmen/anzuwenden?
  4. Welche Nebenwirkungen sind möglich?
  5. Wie ist X aufzubewahren?
  6. Inhalt der Packung und weitere Informationen (zum Beispiel Name des Herstellers und des pharmazeutischen Unternehmers)

Die Informationen zu möglichen Nebenwirkungen, den unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW), sind ein wichtiger Teil der PL. Möglicherweise sind zum Zeitpunkt der Zulassung eines neuen Arzneimittels noch nicht alle UAW bekannt. Seltenere UAW tauchen vielleicht erst dann auf, wenn größere Patientengruppen das Arzneimittel nehmen. Es ist wichtig, dass die Patienten an der Überwachung auf neue UAW beteiligt werden. Die Patienten haben die Möglichkeit, Nebenwirkungen ihrem Arzt oder Apotheker zu melden. In vielen EU-Mitgliedstaaten können Patienten die Meldung auch direkt bei den Zulassungsbehörden machen.

Die Gesetzgebung zur Pharmakovigilanz verlangt, dass Patienten darauf hingewiesen werden, wie wichtig es ist, neue UAW zu melden. Deshalb muss in allen PLs der folgende Standardtext stehen:

„Wenn Sie Nebenwirkungen bemerken, wenden Sie sich an Ihren Arzt, Apotheker oder das medizinische Fachpersonal. Dies gilt auch für Nebenwirkungen, die nicht in dieser Packungsbeilage angegeben sind. Sie können Nebenwirkungen auch direkt über das nationale Meldesystem anzeigen. Indem Sie Nebenwirkungen melden, können Sie dazu beitragen, dass mehr Informationen über die Sicherheit dieses Arzneimittels zur Verfügung gestellt werden.“

Einbindung von Patienten in die Überprüfung von Packungsbeilagen

Das Unternehmen sollte sich Rat von Patientengruppen darüber einholen, ob die Arzneimittelinformationen sowohl inhaltlich als auch vom Aufbau her leserlich, verständlich und einfach zu nutzen sind, also ob Patienten die wichtigen Informationen in der Packungsbeilage finden, verstehen und danach handeln können. Dies kann zum Beispiel durch „Benutzertests“ von Packungsbeilagen geschehen. Zu diesem Zweck hat die Europäische Kommission eine Leitlinie zur Lesbarkeit von Etikettierung und Packungsbeilage für Humanarzneimittel2 herausgegeben.

Zusammenfassung der Produktmerkmale

Zusätzlich zur Etikettierung und Packungsbeilage muss das Unternehmen eine Zusammenfassung der Produktmerkmale (SmPC) vorlegen, die im Zulassungsprozess eines neuen Arzneimittels ein unverzichtbares Dokument ist. In diesem Dokument müssen alle notwendigen Informationen in verdichteter Form zur Lektüre durch medizinische Fachleute vorliegen.

Die SmPC enthält alle Informationen, die ein Mediziner benötigt, um Patienten über die Vorteile und Risiken des gewählten Arzneimittels aufzuklären. Außerdem stehen darin detaillierte Leitlinien zur Anwendung sowie relevante Warnhinweise darüber, was während des Anwendungszeitraums zu tun und zu vermeiden ist. Die SmPC wird regelmäßig um aktuelle Daten über Nebenwirkungen, Sicherheit und Nutzen-Risiko-Bilanz des Arzneimittels ergänzt.

Europäische Öffentliche Beurteilungsberichte (EPAR)

Ein EPAR stellt Informationen über ein Arzneimittel und seine Beurteilung öffentlich bereit und bietet eine allgemein verständliche Zusammenfassung. Damit sollen transparente und nutzbare Informationen bereitgestellt werden.

Diese öffentlichen Dokumente enthalten eine Zusammenfassung der Informationen aus den Zulassungsunterlagen sowie das Ergebnis der Beurteilung durch die Zulassungsbehörden. Bestimmte Informationen, die als vertraulich gelten, bleiben jedoch davon ausgeschlossen – meist sind dies Details über die Herstellung des Arzneimittels. EPARs werden regelmäßig aktualisiert und spiegeln die neuesten zulassungsrechtlichen Gegebenheiten wider.

Änderungen an Informationen über Arzneimittel

Relevante Inhalte in der SmPC und der PL können nicht geändert werden, ohne vorher einen Änderungsantrag einzureichen. Solche Änderungen können sowohl vom Unternehmen als auch von den Behörden eingeleitet werden – zum Beispiel bei Vorliegen neuer Erkenntnisse zur Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels. Von behördlicher Seite kann eine so genannte „Befassung“ ausgehen. Dieses auch mit dem englischen Begriff „Referral“ bezeichnete Verfahren kann von den EU-Mitgliedstaaten oder der Kommission ausgelöst werden und führt zu wissenschaftlichen Begutachtungen in Ausschüssen der EMA.

Ein neues Arzneimittel sollte genau überwacht werden, nachdem es in Verkehr gebracht wurde. Wie oben erwähnt, kommen erst dann größere Gruppen von Patienten mit dem Arzneimittel in Kontakt, wenn es auf dem Markt ist. Seltenere UAW werden also möglicherweise erst nach der Markteinführung erkannt. Meldungen über UAW werden sowohl von den Zulassungsbehörden als auch von den pharmazeutischen Unternehmen entgegengenommen. Auf Basis der nach der Zulassung in den regelmäßigen aktualisierten Sicherheitsberichten (PSURs) gesammelten Informationen wird die Nutzen-Risiko-Bilanz regelmäßig neu bewertet. Wenn sich aus dieser Neubewertung neue Sicherheitsinformationen ergeben, ist es möglich, dass die SmPC und die PL überarbeitet werden müssen.

Wenn UAW gemeldet werden, prüfen die Behörden, ob sie ein Befassungsverfahren zur Neubewertung der Nutzen-Sicherheits-Bilanz des Arzneimittels einleiten und ob bei Bedarf die Arzneimittelinformationen überarbeitet werden müssen. Dies gilt für neue Arzneimittel genauso wie für ältere. In solchen Fällen ist ein EU-weit harmonisiertes Vorgehen wichtig. Alle Patienten und Ärzte sollten Zugang zu den neuen Informationen über Vorteile oder Risiken erhalten.

Im Falle neuer und schwerwiegender UAW kann es notwendig sein, unverzüglich zu handeln. Eine Möglichkeit in solchen Fällen ist die Einleitung eines so genannten Dringlichkeitsverfahrens der Union. Dies kann auf Veranlassung eines EU-Mitgliedstaats oder der Kommission geschehen. Als Ergebnis können größere Änderungen an den Auflagen für die Marktzulassung angeordnet werden, oder die Zulassung kann ausgesetzt oder gar widerrufen werden. Meist wird ein solches Dringlichkeitsverfahren zur Folge haben, dass die EMA eine Sicherheitsmitteilung herausgibt und die Arzneimittelinformationen des bzw. der betreffenden Arzneimittel(s) überarbeitet werden müssen.

Beteiligung von Patienten an Informationen über Arzneimittel

Wie oben beschrieben, richten sich viele Informationen über Arzneimittel speziell an Patienten.

Die EMA fordert Patienten- und Verbraucherorganisationen dazu auf, von ihr herausgegebene Arzneimittelinformationen wie zum Beispiel allgemein verständliche Zusammenfassungen von EPARs oder PLs zu prüfen. Dabei soll ermittelt werden, ob die Informationen für die Zielgruppe lesbar und verständlich sind.

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