EMA-Ausschüsse: Ausschuss für Arzneimittel für seltene Erkrankungen (COMP)

Einleitung

Der Ausschuss für Arzneimittel für seltene Erkrankungen (COMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) prüft Anträge auf Zuerkennung des Status „Arzneimittel für seltene Erkrankungen“ – also die Anerkennung dessen, dass das Arzneimittel für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung seltener Krankheiten entwickelt wird. Die Einstufung (offiziell: „Ausweisung“) eines Arzneimittels als „Arzneimittel für seltene Erkrankungen“ bedeutet bestimmte Vorteile für dessen Entwicklung. Der folgende Artikel enthält nähere Informationen über seltene Krankheiten und behandelt die zulassungsrechtlichen Grundlagen der Tätigkeit des COMP.

EMA-Ausschuss für Arzneimittel für seltene Erkrankungen (COMP)

Arzneimittel für seltene Krankheiten werden auch mit dem englischen Begriff Orphan-Arzneimittel bezeichnet.

Seltene Krankheiten werden definiert als lebensbedrohliche oder chronische Erkrankungen (also lang dauernde Erkrankungen mit erheblicher Beeinträchtigung des Alltags). Sie betreffen nicht mehr als 5 von 10.000 Einwohnern in der EU – das bedeutet, dass in der EU ungefähr 30 Millionen Menschen an einer seltenen Krankheit Erkrankungen.

Die Symptome (Anzeichen) einiger seltener Krankheiten können sich bereits bei der Geburt oder in der Kindheit zeigen, (beispielsweise bei spinalen Muskelatrophie (SMA)), andere dagegen erst im Erwachsenenalter (beispielsweise bei akuter myeloischer Leukämie (AML)). 80 % der seltenen Krankheiten sind gekennzeichnet durch degenerative (die Struktur oder Funktion von Geweben abbauende) und/oder proliferative (mit schneller Zellneubildung einhergehende) Verläufe. Die „Ursache“ seltener Krankheiten ist im Allgemeinen genetisch.

Medizinische und wissenschaftliche Erkenntnisse über viele seltene Krankheiten sind bisher noch begrenzt. Es gibt nach wie vor eine große Anzahl seltener Krankheiten, die nur unzureichend beschrieben sind.

Um die Forschung über seltene Krankheiten und die Entwicklung von Therapien zu fördern, wurde eine EU-Richtlinie erlassen (EG Nr. 141/2000)1, in der eine Reihe von Anreizen für Unternehmen geschaffen wurde, die Arzneimittel für seltene Erkrankungen entwickeln.

Diese Gesetzgebung war erfolgreich. In den ersten fünf Jahren nach Inkrafttreten wurden 458 Anträge auf Zuerkennung des „Orphan“-Status gestellt.

Hauptanwendungsgebiete für Orphan-Arzneimittel waren:

  • Krebs
  • Stoffwechselerkrankungen
  • Erkrankungen des Immunsystems
  • Herz-Kreislauferkrankungen
  • Atemwegserkrankungen

Zulassungsrechtliche Konzepte und geltende Gesetze

Seit 2000 müssen Anträge auf Marktzulassung für Arzneimittel für seltene Krankheiten im zentralisierten Verfahren (CP) gestellt werden.

Ein (kostenloser) Antrag auf „Ausweisung als Arzneimittel für selten Erkrankungen“ kann in jeder Phase der Entwicklung des Arzneimittels gestellt werden. Er muss jedoch gestellt worden sein, bevor ein Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen (Zulassungsantrag) an die EMA gestellt wird.

Um ein Arzneimittel für seltene Erkrankungen zu sein, muss ein Arzneimittel einige Kriterien erfüllen:

  • Es ist für die Behandlung, Verhütung oder Diagnose einer Krankheit bestimmt, die lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht
  • Die Prävalenz (Vorkommenshäufigkeit) der Krankheit in der EU liegt nicht über 5 von 10.000 Personen oder es ist anzunehmen, dass das Inverkehrbringen des Arzneimittels nicht genügend Gewinn bringen würde, um die notwendigen Investitionen für seine Entwicklung zu rechtfertigen
  • Es wurde noch keine zufriedenstellende Methode für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung der Krankheit zugelassen oder, falls doch, wird das neue Arzneimittel von erheblichem Nutzen für die Betroffenen sein.

Im Zuge der Beantragung des „Orphan“-Status müssen im Allgemeinen einige vorklinische und/oder klinische Daten (Konzeptnachweis) vorgelegt werden. Ein Antrag auf „Orphan“-Status kann auch für ein bereits zugelassenes Arzneimittel gestellt werden, wenn die seltene Krankheit ein neues Anwendungsgebiet („Indikation“) ist, für die das Arzneimittel noch nicht zugelassen ist.

Anträge auf Ausweisung als Arzneimittel für seltene Erkrankungen werden vom COMP der EMA unter Einschaltung eines Netzwerks von EU-Fachleuten geprüft. Der COMP wurde 2000 eingesetzt und ließ als erster Ausschuss Vertreter von Patientenorganisationen als vollgültige und gleichgestellte Ausschussmitglieder zu. Die Vertreter der Patientenorganisationen werden von der Europäischen Kommission benannt. Die EMA veröffentlicht auf ihrer Website eine detaillierte Liste der COMP-Mitglieder.

Wenn einem Arzneimittel der Status eines Arzneimittels für seltene Erkrankungen zuerkannt wird, hat dies für das Unternehmen eine Reihe von Vorteilen:

  • Unterstützung bei der Erstellung des Prüfplans (wissenschaftliche Beratung speziell für Arzneimittel für seltene Erkrankungen) zu ermäßigten Gebühren
  • Marktexklusivitätsrecht für 10 Jahre ab Erteilung der Marktzulassung – es wird anderen Unternehmen 10 Jahre lang nach der Zulassung nicht erlaubt, ein ähnliches Arzneimittel auf den Markt zu bringen
  • Ermäßigung der Zulassungsgebühren
  • Mögliche Förderfähigkeit aus Programmen der EU und den Mitgliedstaaten sowie Teilnahme an Initiativen für Forschung und Entwicklung

Die Sponsoren müssen der EMA einen jährlichen Bericht über den Stand der Entwicklung des Arzneimittels vorlegen.

Wenn es sich bei dem Arzneimittel um ein Arzneimittel für neuartige Therapien handelt, muss auch dem Ausschuss für neuartige Therapien (CAT) ein Antrag auf die betreffende Einstufung vorgelegt werden.

Nach Abschluss der Entwicklung eines Arzneimittels wird der Antrag auf Marktzulassung vom Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) geprüft. Wenn der CHMP ein positives Votum abgibt und das Arzneimittel als Arzneimittel für seltene Erkrankungen eingestuft ist, wird der Vorgang an den COMP zurückgegeben. Der Ausschuss kann nun überprüfen, ob die Voraussetzungen für diese Einstufung immer noch gültig sind.

Die Europäische Gemeinschaft führt ein Register für Arzneimittel für seltene Erkrankungen. Dort sind sämtliche Arzneimittel aufgeführt, die in der EU den „Orphan“-Status haben.2

Die EMA fördert parallele Anträge auf „Orphan“-Status bei Behörden auch außerhalb der EU und hat spezielle Absprachen mit Behörden in den USA und Japan getroffen. Zu diesem Zweck wurde ein gemeinsamer Antragsvorgang geschaffen.

Weitergehende Informationen

Quellenangaben

  1. European Parliament (2000). Regulation (EC) No 141/2000 of the European Parliament and of the Council of 16 December 1999 on orphan medicinal products. Retrieved 3 September, 2015 from http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1441289843912&uri=CELEX:32000R0141
  2. European Commission (2015). Register of designated Orphan Medicinal Products. Retrieved 3 September, 2015 from http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1441289843912&uri=CELEX:32000R0141

Anlagen

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